Der Wähler hat gesprochen und für eine handfeste Überraschung gesorgt. Denn der seit Wochen
sicher geglaubte Sieg von Schwarz-Gelb entpuppte sich lediglich als Wunschtraum, da der CDU/
CSU und ihrer Kanzlerkandidatin Angela Merkel auf den letzten Metern die Luft ausging, und
die SPD Dank des kämpferischen Einsatzes ihres Noch-Kanzlers Gerhard Schröder ein Debakel
gerade noch verhindern konnte. Nun stehen die beiden großen Volksparteien SPD und CDU/
CSU, aber auch die FDP als die eigentliche Gewinnerin dieser denkwürdigen Wahl, ziemlich
ratlos da und fragen sich, wie sie diesen Wählerwillen wohl umsetzen könnten. Dabei schwingt
bei den Parteistrategen auch ein gewisses Maß an Ärger über den Wähler mit, der sich nicht von
Meinungsumfragen, zur Schau gestellten Siegesgewissheit, Panikmache oder Medienrummel
beeinflussen ließ. So unangenehm das Wahlergebnis für die Parteien auch sein mag, sie sollten
es vermeiden, herum zu lamentieren und sich stattdessen um die Bildung einer mehrheitsfähigen
Regierung kümmern. Das erwartet der Wähler, darauf hat er ein Recht. Dass das Regieren in
unübersichtlichen Zeiten schwieriger geworden ist, weiß der Wähler. Er weiß aber auch, dass er in
Zukunft mehr Eigeninitiative an den Tag legen muss, um sein Leben zu meistern. Aber der Wähler
kann auch erwarten, dass die Politik den Rahmen bietet, in dem sich Eigeninitiative lohnt, nicht nur
in Euro, sondern auch im Gefühl, am politischen und sozialen Leben in Deutschland teilnehmen zu
dürfen und zu sollen.
Wie immer die neue Koalitions-Regierung auch aussehen mag, eines ist gewiss: sie steht vor einem
Berg von Aufgaben und gewaltigen Herausforderungen, und es gibt keinen Garantieschein, dass
die neue Regierung zumindest einen Teil davon erfolgreich anpacken kann. Ob es sich um die
Sanierung der Staatsfinanzen, die Reform der sozialen Sicherungssysteme und des Steuerrechts oder
um den angespannten Arbeitsmarkt handelt, viel, sehr viel sogar, hängt davon ab, in weiten Teilen
der Gesellschaft eine positive Grundstimmung zu erzeugen. Denn nur so lassen sich grundlegende
Probleme, aber auch tiefsitzende Ängste beseitigen, eine wesentliche Grundvoraussetzung, um
positive und längerfristig wirkende gesellschaftliche Veränderungen durchführen zu können.
Das Wahlergebnis vom Sonntag wirkt natürlich auch auf den Immobilienmarkt, beeinflusst mittel-
und langfristig die Preisentwicklung von Häusern, Eigentumswohnungen, Grundstücken, Mieten und
Pacht. Gerade im Hinblick auf die in absehbarer Zeit zu erwartenden erheblichen Veränderungen
im Sozial- und Steuerrecht wird das Privatinteresse am Erwerb einer Immobilie im Alterssegment
der jetzt 30-50-Jährigen überproportional ansteigen. Dies erzeugt eine neue Dynamik auf dem
Immobilienmarkt, trotz der zu erwartenden Abschaffung der Eigenheimzulage, trotz negativer
demographischer Entwicklung, trotz der Krise in der Bauwirtschaft. Denn die wachsende Einsicht,
in 20, 30 oder 40 Jahren im Alter weit mehr als heute auf eigenen Füßen stehen zu müssen,
zwingt, einen gangbaren Weg zu finden und zu gehen, der langfristig Kosten senkt und zugleich
soziale Sicherheit erhöht. Die eigenen vier Wände bieten einen hohen persönlichen Schutzwall,
was die Bürger in den meisten Ländern der EU als normal und wichtig ansehen. Nicht umsonst
sagen die Briten “My home is my castle“. In dieser Beziehung ist Deutschland leider noch immer
ein “Entwicklungsland“.
Aber die Zeiten ändern sich und auch die gesetzlichen Regeln zugunsten der Eigentümer. Kein
Wunder, dass das Interesse und die Attraktivität fast mit jedem Tag wächst, eine Immobilie
als Wert an sich zu besitzen. Vorsorge, Wohlbefinden, aber auch Prestige sind die wichtigsten
Antriebsfedern der kommenden Jahre. Und ein gerade ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofes
zum Kündigungsschutz für Mieter liefert endlich die rechtliche Grundlage, auch mit dem sich
rasant ausbreitenden kriminellen “Miet-Nomadentum“ fertig zu werden. Dieses Urteil schafft
Rechtssicherheit und den notwendigen Freiraum, eine Immobilie gegebenenfalls auch wieder als
langfristige und sichere Kapitalanlage zu nutzen, was die Lukrativität dieses Marktes weiter erhöht.